Vier Fanclubmitglieder geraten ungewollt in eine fantastische Welt. Sie haben einen Auftrag zu erfüllen und treffen dabei auf drei Elben, die unterschiedlicher nicht sein können. Die Handlung bringt neben den verschiedenen Elbenklassen und deren Eigenheiten in Auszügen auch den altgermanischen Glauben und ein Stück Geschichte der Vorzeit in die Erinnerung zurück.

Zitat: ›Die Menschen haben verlernt, an Übersinnliches zu glauben und dabei auch ihre Begabungen dafür eingebüßt. Nur noch wenige glauben, dass sie die Fähigkeit für Außergewöhnliches besitzen‹


 
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Für mich, für meine Freunde und für alle anderen!

 

Hier ist mein Buch:




inst existierte dort, wo heute die Erde ist, ein gähnender Grund, ein Nichts, eine graue Leere, bis ein Tropfen Wasser in diese Öde fiel. Dem ersten folgte ein zweiter und dem hundertsten ein weiterer, bis ein Meer voller Tropfen im Universum hing. Nur aus Wasser bestehend und doch schon reich; das war die Erde im Altertum. Lange Zeiträume, die man nicht ermessen kann, verstrichen und nichts schien zu geschehen. Bald lag das Meer ruhig, dann wieder schäumte es wild, aber niemand sah in die Tiefen und auf das, was dort geschah. Nur Sonne und Gestirne wechselten in ihrer Wacht.
Plötzlich brach etwas Unvorstellbares hervor. Große Landmassen, die lange unter der Wasseroberfläche geschlummert hatten, erhoben sich gewaltvoll aus dem Meer. Gleich gigantischen Riesen lagen sie auf dem Rücken und rangen nun um die Vorherrschaft. Laurentia erhob sich im Westen. Grönland erschien als ihr Kopf, Kanada als ihr Leib und Teile von Schottland bildeten die Beine der Riesin. Von Osten kam jedoch Baltica mit hoch erhobenem Haupt daher. Sie trug Skandinavien selbstbewusst auf osteuropäischen Schultern.
Die kleinste Riesin, fast noch ein Kind, war Ostavalonia. Kaum dass sie auffiel neben den Giganten. Sie trug Norddeutschland und Südgroßbritannien auf ihrem Bauch und geriet mitten zwischen die Fronten. Als Laurentia und Baltica die kleine Ostavalonia zermalmen wollten, rechneten sie nicht mit deren Widerstand. Tapfer kämpfte die kleine Riesin gegen ihre großen Anverwandten und bewahrte die ihr anvertrauten Länder so vor dem Untergang. Aber der Preis für die Rettung des kleinen Festlandes war hoch, er forderte ihr Leben. Laurentia vereinigte sich auf Kosten der kleinen Ostavalonia mit Baltica und wurde zu der mächtigen Riesin Laurussia.
Doch das Opfer von Ostavalonia war nicht umsonst. Norddeutschland und Südgroßbritannien trotzten erfolgreich den auf sie eindrängenden Fremdgebieten. Dort, wo die Kraft versagte, übernahm der Wille die Gegenwehr und höher und höher wuchsen die Gebirge an diesen Stellen der Kraftprobe.
Machtvoll breitete und reckte sich die neue Riesin, in deren Herzgegend sich unbemerkt das einstige Ostavalonia geschmuggelt hatte. Zu klein, um die Riesin zu lenken, aber schlau genug, sich an deren Lebensader zu laben, entging das kleine Festland jedem weiteren Zusammenstoß mit den restlichen Landriesen. In einem monströsen Akt vereinigten sich diese und gebaren die gigantische Pangaea, Alleintragende der kompletten Erdenwelt.
Indes, was so gewaltsam zusammengefügt wurde, kann niemals eins miteinander werden. Zwist herrschte im Innern von Pangaea, viel Uneinigkeit und Disharmonie. Mal verspürte die gewaltige Riesin Kopfschmerzen, dann quälten sie wieder Übelkeit und Muskelkrämpfe. Von allen Unbilden und Rangeleien verschont, blieb auch hier das kleine Festland, auf dem Norddeutschland und Südgroßbritannien lag. Gut hatte einst die kleine Riesin für die ihr anvertrauten Länder gesorgt. Sie platzierte sie im Herzen der Welt und dort lagen sie noch immer.
Laurussia brach schließlich nach unsagbar langer Zeit ihre Zwangsehe mit den anderen Landriesinnen. Das Zusammenleben war unerträglich geworden und eine Scheidung blieb für alle der einzig mögliche Weg. Die Trennung allerdings ging an Laurussia nicht spurlos vorbei. Von Gram gebeugt, trieb sie einsam im Meer, bis sie innerlich zerbrach.
Doch das Leben endet nicht mit dem Tod; in einer anderen Form geht es weiter. Kein Ende ist so umfassend, dass es nicht auch einen neuen Anfang in sich birgt. Das Zeitalter der Riesinnen ging zur Neige und die Ära der sechs Kontinente begann. Die Erde erschien nun wie eine Blume. Sie öffnete sich und blühte auf. Als Herzstück diente Europa; einziger Kontinent mit anders lautender Initiale. Reihum die fünf A-Kontinente; wie Blütenblätter reihten sie sich auf. Europa glich einer Perle, eingefasst wie von Götterhand, unglaublich schön und von großem Glanz.
Herzstück im Herzen und Fruchtstand der Erdblüte bildeten noch immer die beiden Länder von Ostavalonia. Doch während Südgroßbritannien die alte Sehnsucht nach dem Meer ergriff, hielt Norddeutschland fest an der unter Opfern erkämpften Lage. ›Reisende soll man nicht aufhalten‹, besagt ein geflügeltes Wort und so trennte sich das Schwesternpaar. Britannia schloss daraufhin einen Bund mit Gleichgesinnten und stach in See. Germania hingegen blieb vor Ort und ersetzte den Verlust durch neue Verbündete. Die bergigen Länder nördlich der Alpen erwiesen sich als passend, obwohl sie einst von einer anderen Riesin herangetragen wurden.
Da lag sie nun und das Meer umspielte das schöne, gekrönte Haupt. Beide Füße fest an die Alpen gedrückt und um die Taille ein Gürtel aus glühenden Vulkanen – Germania, Sinnbild einer Göttlichen, Schöpferin ihrer Völker, Walküre und Landesmutter zugleich.

s war ein warmer Halbjahrstag, der Tag im Kalender, an dem die zweite Hälfte des Jahres begann. Die Zeit schien reif für eine neue Epoche zu sein. Die Tage der Götterdämmerung, in denen die meisten der Asen starben, lagen weit zurück. Sie, die einst den Menschen und andere Wesen erschufen, gab es nicht mehr. Niemand hauchte seither einem neuen Geschöpf mehr Leben ein.
Lange Zeitalter verstrichen ebenfalls, in denen der feurige Gürtel um Germanias Taille endlich zur Ruhe kam. Fruchtbares Land bedeckte alte Lavaflächen und ernährte eine üppige Pflanzenwelt. Da beschloss die Landesherrin, den einsam auf ihr lebenden Menschen noch weitere Geschöpfe zur Seite zu stellen. An diesem sommerlichen Vormittag befand sie sich in ganz besonders romantischer Stimmung. Sie blinzelte in das Sonnenlicht, sah den fliehenden Wolken nach und lauschte dem Klang des Wildwassers.
Gierig sog die Sonne das feine Nass zu sich herauf und übergab es den Wolken. Dicker und höher türmten sie sich und ließen nur noch zeitweise breite Sonnenstrahlen durch schmale Öffnungen hindurch. Acht sonnige Bänder spannten sich nun zwischen Himmel und Erde. Sie beflügelten die Phantasie der stolzen Landesherrin.
Doch der aufkommende Wind ließ am Himmel keinen Stillstand zu und so bemühten sich die dicken Strahlen, den fliehenden Wolken hinterherzujagen. Gleich einem anfahrenden Karussell, drehte sich nun die Strahlenschar und immer dann, wenn sie in eine wasserreiche Gegend kamen, schillerten sie kurzzeitig in allen Regenbogenfarben. Der Augenblick der Schöpfung nahte.
 

Das neue Wesen, so hörte man Germania sagen,
sollte sein wie dieser Augenblick,
leicht wie die Regenbogenfarben,
rein wie das Wasser und hell wie das Licht.

In ihrer Phantasie malte die Göttliche ein Wesen,
menschengleich und doch wieder nicht.
Schöner, klüger und aufrichtiger als diese,
aber auch das reichte Germania noch nicht.

Acht schimmernde Bänder,
welch eine magische Zahl,
denn keine Feder kann jemals finden,
das Ende der Acht, kein einziges Mal.

So sollte auch das Leben der Wesen
endlos sein wie die Acht,
der Freude, dem Tanz sollten sie sich widmen
und dienen dem Frieden mit ihrer ganzen Macht.

cht wundervolle Geschöpfe besiedelten nun zusätzlich das Land, golden wie die Sonne glänzte ihr Haar, strahlend blau wie das Flusswasser ihre Augen. Hell schimmerte ihre Haut und ebenso hell ihre Kleider im Spiel der Regenbogenfarben. Friedliebend sollten sie sein und den schönen Künsten zugewandt.
Sie entsprachen in vielem den Hellalfen, was Germania nicht ahnte. Alfheim lag auf Island, dem nördlichsten Teil von Nordgermanien und entging zur Götterdämmerung knapp, aber dennoch, der Zerstörung. Niemand wusste von dem Weiterbestehen des Hellalfenreiches. Alle glaubten an seinen Untergang und bis dorthin reichte Germanias Blick nicht. In dem Glauben, alle schönen Dinge verloren zu haben, erschuf die Göttliche ein neues Volk eigens für ihr Land.
Schön wie das Volk, so sollte auch sein Name sein. Zuerst dachte Germania an die mit Schnee bedeckten Gipfel der Alpen. Doch der Schnee wirkte ihr zu kalt und das Wort ›Alpen‹ zu hart und so suchte sie nach besseren Vergleichen. Dabei fiel ihr auf, allein die Verbindung zum Wasser vollbrachte es, dass solch schillernder Glanz die sonnigen Bänder durchdrang. Der Strahlenreigen hatte vermutlich die klare Elbe ganz leise berührt und erst in der Vereinigung von Wassertröpfchen und Licht färbten sich diese so liebreizend und verschwenderisch schön. Das Wort ›Elbe‹, klang dabei schon wesentlich weicher als die Alpen zuvor.
Wie in den Naturschauspielen suchte Germania ebenso in Worten nach dem passenden Vergleich. Ohne lange zu überlegen, fiel ihr dabei ›albus‹ ein. Dieses lateinische Wort traf vieles. Es stand für weiß gekleidet, hell strahlend, Glück bringend und heiter. Treffender konnte die Beschreibung nicht sein. Auf jeden Fall sollte auch dieses Wort mit als Pate für die neuen Naturgeister stehen.
Eine Kleinigkeit fehlte der Landesherrin zu ihrer Zufriedenheit jedoch immer noch. In all den Dingen, die sie bislang erwogen hatte, steckte kein einziger Funke Leben. Sie sah sich in der Tierwelt um und suchte dabei nach etwas Edlem; hell musste es sein, nach Möglichkeit anmutig und dem Wasser nicht abgeneigt. Schon fragte sich die Göttliche, ob es auf germanischem Boden wohl solch ein Tier gab, da fiel ihr Blick auf einen kleinen See. Ein Schwan hob sich hell vor dichtem Ufergrün ab. Elbez hieß Schwan auf Mittelhochdeutsch und der Ausdruck war treffend, wie auch der Vergleich; elegant das Wesen, gleitend die Bewegung und strahlend hell die gesamte Erscheinung.
Spontan entschied sich Germania für den Schwan als Stammeszeichen dieser neuen Geschöpfe, nur bei deren Namen konnte sie sich nicht entscheiden. Schließlich legte sie fest, dass, entgegen aller Norm, diese lichten Naturgeister zwei Namen tragen durften. ›Elben‹ im allgemeinen Sprachgebrauch und im besonderen Althochdeutsch ›Alben‹, beides sollte gleichermaßen richtig sein, und damit auch wirklich kein Fremder diese sonnigen Wesen als Menschen ansah, erhielten sie leicht gespitzte Ohrmuscheln und trugen jeweils nur vier Zehen an jedem Fuß.
Glücklich lehnte sich die Göttliche zurück und betrachtete ihre allererste Schöpfung. Sie ahnte nicht, wie ähnlich ihre Elben den Bewohnern von Alfheim sahen. Selbst einer der von ihr erwählten Namen traf fast den ihren. Sei es aus Sehnsucht nach dem Verlorenen geschehen, oder aus der ähnlichen Gestalt der Wesen heraus, es blieb sich gleich. Eine andere Namensgebung träfe das Wesen dieser strahlenden Geschöpfe nicht.
Das neue Volk zeigte sich in vielem dem Menschen sehr ähnlich. Allerdings würde kaum ein Mensch jemals so golden glänzende Haare und so meerblaue Augen haben. Die auffallend helle Haut wäre nur dann für einen Nichtelb möglich, wenn dieser sich ein Leben lang der Sonne fernhielte. Allein die Elben sonnten sich sogar im Glanz der Strahlen, ohne jemals das Weiß ihrer seidenen Haut zu verlieren.
Alles in allem zeigte sich Germania sehr zufrieden. Äußerlich und von seinen Wesenszügen her hatte sie nahezu perfekte Geschöpfe erschaffen. Nur einen Makel besaßen diese Naturgeister. Wandernd wie einst die Sonnenstrahlen, würden auch sie etwas unstet sein. Ein weiteres Volk, ganz bodenständig, wäre als Ausgleich nicht schlecht. Vielleicht noch etwas mehr dem Ernst verbunden und ebenso dem Handwerk, des Germania hoch schätzte. Suchend schaute sie sich nach einer entsprechenden Eingebung um, doch nichts von dem, was sie sah, erfüllte ihre Vorstellung.

er Halbjahrstag neigte sich schon dem Ende zu und die Sonne färbte sich satt in ihr alltägliches Abendgewand. Mit goldenem Schleier bedeckte sie damit das gesamte Germanenland.
Dies Land war größer als Germania selbst. Es umfasste alle jene Gebiete und Stämme, die sich selbst als zu diesen zugehörig bezeichneten. Germanien begann nördlich der Alpen und erstreckte sich in einem breiten Gürtel weit über Skandinavien hinaus bis nach Island. Die schöne Landesherrin selbst lag in Südgermanien, doch sie konnte unmöglich die anderen Länder benachteiligen. ›So soll es sein‹, entschied Germania, ›die neuen Geschöpfe werden Teil all dieser Gebiete sein.‹
 

Im Augenblick der Entscheidung fiel
ein Tropfen Harz in einen Bach als Ziel.
Da schwamm er nun, der änderliche Tropf,
doch formten sich Gliedmaßen und ein Schopf.

Es schien, als ob der Harztropf lebte,
denn flüssig war der Bernstein noch,
der sich mit jeder Welle regte,
nur wahre Gestalt fehlte dem Wesen noch.
 
Kein Zufall war es, Sinn hat’s gegeben
was just in diesem Moment geschah.
Ein zweiter Naturgeist erwachte zum Leben
im Lande von Germania.

Das Wesen sah dem Bernstein ähnlich,
denn dessen Farbe trug Aug und Haar,
der Glanz desselben, fast unmöglich,
so formvollendet und wunderbar.

uch nach diesem Schöpfungsakt lehnte sich Germania wieder zurück. Mit dem neuen Wesen zeigte sie sich ebenfalls auf das Höchste zufrieden. Dabei fiel ihr allerdings die Ähnlichkeit desselben zu den anderen Elben auf. Etwas unbedachte hatte Germania die annähernd gleiche Gestalt vergeben, nur dass die einen mehr dem überaus schlanken Sonnenstrahl glichen und die anderen eher dem sanft geschwungenen, länglichen Harztropf. Zu ihrer Entschuldigung führte die Landesherrin an, beide Naturwesen stünden jeweils mit Wasser und Sonne in Verbindung, wenn auch die einen mit der hellen Vormittagssonne und die anderen mit der goldwarmen Sonne des Abends. Kurzerhand beschloss Germania aus diesem Grund, das zweite Geschöpf ebenfalls den Elben oder Alben zuzuordnen. Glücklicherweise vergab sie zu deren Unterscheidung einen etwas anders gearteten Charakter. Hinzu kam die auffallend andere Tönung, die Letztere ausmachte. In dem Braun ihrer Augen spiegelte sich der Bernstein ebenso wider wie auf ihrem dunkleren Haar. Selbst ihre Haut schien sanft getönt zu sein.
Da Germania eine gerechte Landesmutter war und aus ihrer Erfahrung heraus jeden Zwist vermeiden wollte, gab sie auch diesen Elben die Gunst der Unsterblichkeit. Ebenso sollte das zweite Volk, so wie das erste, zu acht auf germanischem Boden weilen. Es bekam zudem der Ohren leicht gespitzte und einen fehlenden Zeh als Zeichen der gleichen Rasse. Eine Sorge allerdings quälte die Göttliche noch, beide Völker trugen denselben Namen. Deswegen setzte sie einfach das Licht vor den einen Elb und das Harzdunkel vor den anderen.
Stammeszeichen dieses farbigen Volkes konnte demnach nur der schwarze Bruder des Schwanes sein, obwohl der in seiner Farbe den goldenen Wesen nicht glich. Alle anderen Eigenschaften jedoch symbolisierte der schöne Vogel vortrefflich.
Da ergab sich für die Landesherrin ein neues Problem, die Frage nach dem Wohnort für diese Völker. Schnell entschied sich Germania dafür, die Harzdunkelelben in irdischen Höhlen und Felsklüften wohnen zu lassen. Sie besaßen die handwerkliche Gabe, um sich solche Stätten wohnlich und hell einrichten zu können.
Die Elben des Lichtes hingegen sollten auf Erden weilen, in naturreichen Gebieten zum Schutz derselben und des Landesfriedens. Wegen der überwiegend ungeschützten Lage machte sie die Elben unempfindlich gegenüber Naturunbilden und da sie über keinerlei handwerkliche Fähigkeiten verfügten, schenkte Germania ihnen einen Platz für ihre Treffen und Feste – einen prachtvollen Elbenpalast inmitten dichter Wälder und verzweigter Wasserarme.
Während dieser zeitaufwändigen Überlegungen brach die Nacht über das Germanenland herein. Die Landesherrin fragte sich nun, ob nicht auch diese Tageszeit einen ihr eigenen Naturgeist bekommen sollte.
›Ein Wesen der Nacht, wie müsste dies sein?‹, fragte sich ratlos die Herrin. Aber während sie dachte, noch gar nicht formte, erschuf sie es gänzlich ungewollt. Das dritte Geschöpf, bereits fertig noch vor dem Entschluss, es je zu beleben, besaß weder Fähigkeiten noch jegliche Schönheit. Diese hatte Germania schlichtweg vergessen und säte damit sogleich die Missgunst auf die schönen Geschöpfe des Tages. Vielleicht wäre alles anders gekommen, hätte das unbändige Wesen nicht selbstständig in den Schöpfungsakt eingegriffen.
ogar in seiner Lebensdauer zeigte sich die Landesherrin unschlüssig. Eines jedoch stand schon vorher fest; dieses Geschöpf sollte keinesfalls unsterblich sein. Ungewollt bekam es leider ein langes Leben, das es sich durch eine List erschlich. Einen vagen Gedanken der Herrin ausnutzend, ergriff das unbändige Wesen diese wertvolle Gabe und mit ihm drei weitere missratene Gefährten aus nicht zu Ende gebrachten Überlegungen.
Erschrocken hielt Germania inne, als sie sah, ihre Eingebung lebte. Sehr dunkel und hässlich und unausgereift, nahezu grotesk, schlichen sich vier schwarze Kleinelben mit abstehenden Spitzohren davon. Wie den anderen, fehlte ihnen ebenso jeweils ein Zeh.
›Dem nur nicht folgen‹, dachte Germania und formte bewusst an den weiteren sorgfältig herum. Doch so sehr sie sich auch mühte, das Wesen zu richten, der dickköpfige Charakter ließ sich kaum noch beeinflussen. Gestalt und Antlitz hingegen gelangen ihr halbwegs im Nachhinein. Wenn man von der possierlichen Größe einmal absah, sahen die letzten der Wesen recht menschenähnlich aus. Etwas klein und pummelig zwar, zudem mit wildem Haar, aber wenigstens besaßen sie dieses, während die ersten vier Wesen glatzköpfig geblieben waren.
Leicht fiel es diesmal der Herrin, passende Namen für diese Gestalten zu finden. Die ersten sollten Schwarzelben heißen, denn sie entsprangen einer Mischung aus alten und neuen Gedanken. Doch die folgenden fünf nannte sie ›Zwerge‹ zum Zeichen ihres Abstandes. Niemand sollte sie je mit den Missratenen verwechseln müssen. Die kleinen Erdgeister unterschieden sich von ihren Anverwandten nicht nur in der hübscheren Erscheinung. Germania gab ihnen auch Wissen und ein besonderes handwerkliches Geschick. Hinzu kam eine gehörige Portion Witz und Humor, damit sie ihr Schicksal ertragen konnten.
Da Germanias Schöpfungsakt gestört worden war, lag bei den Nachtgeistern die Geschlechtsverteilung im Argen. Während bei den Elbenvölkern des Tages die Männer und Frauen zu gleichen Teilen auf Erden weilten, blieben die vier Schwarzelben allesamt männlich. Die fünf Zwerge waren ursprünglich ebenfalls männlich gewesen, doch die Landesherrin bemerkte hier noch rechtzeitig ihren Fehler. Das Geschlecht nachträglich zu wandeln, machte Probleme und gelang ihr nur bei dem letzten der Zwerge. Aus diesem Grund trug die Zwergenfrau auffallend männliche Züge. Ihre Haare wuchsen extrem dicht, wenngleich die Länge des Bartes nie über Stoppeln hinausging.
Auch ein Stammestier wies die Göttliche den kleinen Erdgeistern zu und fand sofort den richtigen Gefährten. Die kleine nachtaktive Fledermaus, Bewohnerin der unterirdischen Stollen, schien wie kein anderes geeignet dafür. Die Schwarzelben jedoch blieben wappenlos als Strafe für ihr unmanierliches Benehmen.
Der Zwerge Leben hatte, wie das der Fledermaus, vollkommen untertage zu sein. Was Germania aber wieder nicht sorgfältig bedachte: Es gab dort unten Schätze in großer Fülle. Diese entsprechend bearbeitet, bargen gewaltige Kräfte und ausgestattet mit einem klaren Verstand, würden die Zwerge sie zu nutzen wissen. Allein an jeder geschaffenen Kostbarkeit hinge ein Fluch, wie sich später zeigen sollte.
Die Missratenen hingegen, bar jeden Verstandes und jeden Geschicks, verschluckte der Erdboden, noch bevor die Herrin des Landes sich auch nur versah. Doch die Hoffnung, dass Dummheit sie hat fallen lassen, erfüllte sich nicht. Geschaffen wie die Zwerge aus dem schwarzen Basalt der Vulkane, kehrten sie vorerst nur in das Innere der Erde zurück.

in Tag, der so gut und erfolgreich begonnen hatte, ging nun mit sorgenvollen Gedanken der Herrin zur Neige. Ob wohl dereinst gleichfalls den Göttern manch eine Schöpfung misslungen war? Schon damals gab es dunkle und schwarze Elben im Land. Ebenso Zwerge, die mal Elben und mal Zwerc genannt wurden.
Üblen Charakter trugen vor allem die Schwarzelben und unschönes Äußeres zudem. Germania fragte sich im Nachhinein, wie konnte das damals bei den Göttern geschehn?
War dies gewollt oder glitt auch ihnen der Schöpfungsakt aus der Hand? Niemand kann es mehr sagen, denn die Asen, sie starben und gar niemand vermag es, Wotan’s Geist zu befragen.

ie wieder, so schwörte Germania, würde sie es wagen sich zu betätigen wie an diesem Tag. Ihr Blick ruhte fortan nur prüfend auf Land und Leuten und dem, was sich in Zukunft hier abspielen mag.
Auch Neuankömmlinge bemerkte sie schließlich, doch diese kamen von anderswo her. Einen Fehler beging man lieber nicht wieder, am besten wirklich nimmermehr.


Zukunftsreime

Von allen Geschöpfen sind es die Elben, des Lichtes und der Harzdunkelheit, die sich nicht ändern, da einmal geschaffen für immer und die Ewigkeit.

Nur wenn ein fremd Wesen durch Vermählung kommt in die Reihen, dann änderst die Art; kann sein die Farbe, kann sein die Begabung, kann auch sein die Eigenart.

Sie, die Unsterblichen, leben noch immer, wenn niemand ihnen zu nahe kam. Tödlich verletzt oder mit gebrochenem Herzen, stirbt selbst ein unsterblich Elb vor Gram.

Jedoch die Possierlichen, erweckt vor Vollendung, deren Leben nicht ewiglich währt. Die können sich ändern oder entwickeln, je nachdem, wie man dort verfährt.

Die Generationen folgen dort schnelle, was sie auch bringen, wir werden es sehn. Auch die Gesinnung kann sich noch ändern, weil der Lücken gar viele im Charakter bestehn.

Auf wen sie auch treffen, der wird entscheiden, in welche Richtung sie weiterhin gehn. Hoffentlich wendet sich alles zum Guten, damit uns nicht wird noch das Lachen vergehn.
 

 
   

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